22.05.2014 - Nr. 21/14
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in Zeiten niedriger Zinsen ist es verlockend, sein Geld höherverzinslich anlegen zu können. Aber, je höher die Zinsen sind, desto größer ist das Risiko. Wenn jemand hohe Zinserträge verspricht, die er aus dem vorhandenen Kapital tatsächlich nicht erwirtschaften kann, zahlt er die „Zinsen“ aus dem Kapital, das von anderen (neuen) Anlegern eingezahlt wird (= Schneeballsystem). Niemand wird sich bewusst an einer solchen Kapitalanlage beteiligen. Denn durch die angeblichen Zinszahlungen wird immer mehr Kapital aufgebraucht. Irgendwann bricht dieses System zusammen, wobei die Kapitalanleger ihre Einzahlungen ganz oder zumindest teilweise verlieren. Die Anleger verlieren in der Regel mehr als sie an Zinszahlungen erhalten haben.
Aber! Die Anleger müssen die als Zinsen deklarierten Zahlungen versteuern (BFH-Urteil vom 11.02.2014, VIII R 25/12). Der BFH hat entschieden, dass der Kapitalanleger
- die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen und
- auch die Zinsgutschriften bzw. die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge
als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern hat.
In dem Fall, den der BFH entschieden hat, ging es um hochverzinsliche Kapitalanlagen, die Anleger bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatten. Der Anleger erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, sodass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.
Der BFH hat nun entschieden, dass der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur dann erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Das ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. In dieser Situation müssen die „Kapitalerträge“ selbst dann versteuert werden, wenn der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist.
Praxis-Tipp Auch wenn bei einem Schneeballsystem das angelegte Kapital ganz oder teilweise verloren geht, müssen die Beträge die als Zinsen ausgezahlt oder wieder „angelegt“ wurden, als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden. Vorsicht ist also immer geboten, wenn die garantierten Zinserträge ungewöhnlich hoch sind.
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Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Finanzwirt Wilhelm Krudewig, Steuerberater