Umsatzsteuer / Vorsteuerabzug

11.10.2019 Von: W. Krudewig

Vorsteuerabzug aus Anzahlungen


Ein umsatzsteuerlicher Unternehmer kann aus einer Anzahlung den Vorsteuerabzug geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Umsatzsteuer in der Anzahlungsrechnung offen ausgewiesen und der Betrag gezahlt wurde. Außerdem kommt es darauf an, dass der Gegenstand der späteren Lieferung aus Sicht des Anzahlenden genau bestimmt ist und die Lieferung aus seiner Sicht sicher erscheint. Der Vorsteuerabzug aus der Anzahlungsrechnung bleibt dem Steuerpflichtigen auch dann erhalten, wenn er die vereinbarte Lieferung nicht erhält und auch seine Anzahlung nicht zurückerhält (BFH-Urteil vom 17.7.2019, V R 9/19/V R 29/15). Es ist konform mit EU-Recht, dass die Berichtigung des Vorsteuerabzugs eine Rückzahlung voraussetzt.

Praxis-Beispiel:
Der Steuerpflichtige bestellte bei einer GmbH die Lieferung eines Blockheiz-kraftwerks. Die GmbH bestätigte den Auftrag und erteilte für den Liefergegenstand eine Vorausrechnung mit einem gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer. Der Steuerpflichtige meldete zeitgleich ein Gewerbe zur Erzeugung erneuerbarer Energien an und entrichtete die geforderte Anzahlung an die GmbH. Die Lieferung der Anlage unterblieb, weil über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und mangels Masse eingestellt wurde. Die für die GmbH handelnden Personen wurden wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in 88 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts zu Lasten der Käufer der Blockheizkraftwerke, nicht aber wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich verurteilt. Der Steuerpflichtige machte den Vorsteuerabzug aus seiner Anzahlung geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. 

Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Bei Anzahlungen ist das der Fall, sobald der Empfänger die abziehbare Steuer vereinnahmt hat. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug sind somit erfüllt, weil die Zahlung vor der Ausführung der Umsätze erfolgt ist. Darüber hinaus lag dem Steuerpflichtigen eine Rechnung über die (künftige) Lieferung eines Blockheizkraftwerks vor, die den Anforderungen des UStG genügte.

Unerheblich ist, dass von Anfang an feststand, dass es nicht zur Lieferung des Blockheizkraftwerks kommen würde. Denn der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung hängt nicht davon ab, ob der Zahlungsempfänger im Zahlungszeitpunkt die Leistung objektiv erbringen kann und ob er das will. Maßgeblich ist, ob anhand objektiver Umstände erwiesen ist, dass derjenige, der die Anzahlung geleistet hat, zum Zeitpunkt der Zahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Lieferung ungewiss ist. Leistet der Steuerpflichtige eine Anzahlung, dann war ihm nicht bewusst, dass die versprochene Lieferung unsicher war. Ein Unternehmer wird sich nicht wissentlich betrügen lassen. Er hätte also keine Anzahlung geleistet, wenn er gewusst hätte, dass die Lieferung des Blockheizkraftwerks unsicher gewesen wäre. 

Hinweis: Liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nicht vor – wie es im Beispiel der Fall ist – hat das Finanzamt keine Möglichkeit den Vorsteuerabzug rückgängig zu machen (auch nicht im Wege der Durchgriffshaftung).


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