Finanzamt / Betriebsprüfung / Verfahrensrecht
Keine Zinsen auf Zinsen, deren Vollziehung aussetzt ist
Der BFH hat entschieden, dass die Höhe der steuerlichen Zinsen von 0,5% pro Monat (= 6% pro Jahr) wegen des zurzeit niedrigen Zinsniveaus für Zeiträume ab 2012 verfassungsrechtlich bedenklich ist. Konsequenz ist, dass Zinsfestsetzungen bis zur endgültigen Entscheidung über die Zinshöhe, auf Antrag in voller Höhe in der Vollziehung auszusetzen sind. Sollte das BVerfG später entscheiden, dass die Festsetzung der Zinsen ganz oder zumindest teilweise verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, müssten die Zinsen allerdings an das Finanzamt gezahlt werden. Aber! Für die Zinsen, die in der Vollziehung ausgesetzt waren, fallen dann keine weiteren Zinsen an.
Praxis-Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger hatte die Aussetzung der Vollziehung für Nachzahlungszinsen in nicht unerheblicher Höhe beim Finanzamt beantragt. Die Aussetzung der Vollziehung wurde ihm auch gewährt. Gleichzeitig wies das Finanzamt auf die Zinspflicht nach § 237 AO hin.
Wegen des Hinweises auf die Zinspflicht bei einer Aussetzung der Vollziehung hat der Steuerpflichtige die Zinsen bezahlt, obwohl sie in der Vollziehung ausgesetzt wurden. Ihm war das Risiko zu groß, später eventuell 6% Zinsen auf die ausgesetzten Zinsen zahlen zu müssen.
Aus § 233 AO ergibt sich der Grundsatz, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur zu verzinsen sind, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Ansprüche aus steuerlichen Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) und die entsprechenden Erstattungsansprüche werden nicht verzinst.
Nach § 3 Abs. 4 AO gehören zu den steuerlichen Nebenleistungen u.a. die Zinsen nach den §§ 233 bis 237 AO. Das bedeutet also, dass für eine Aussetzung der Vollziehung von Zinsen nach den §§ 233 bis 237 AO keine Zinsen zu zahlen sind. Das gilt auch dann, wenn die Zinsen nach einer Aussetzung der Vollziehung zu einem späteren Termin gezahlt werden müssten. Sollte das Finanzamt bei der Aussetzung der Vollziehung der Zinsen auf eine Zinspflicht nach § 237 AO hingewiesen haben, dann ist dies unzutreffend.
Praxis-Tipp
Hat jemand die festgesetzten Zinsen trotz Aussetzung der Vollziehung ans Finanzamt gezahlt, kann er beantragen, dass ihm die gezahlten Zinsen erstattet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene aufgrund einer Fehlinformation des Finanzamts befürchten musste, dass weitere Zinsen auf die Zinsen anfallen könnten. Ein erneuter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nur erforderlich, wenn der bisherige Aussetzungsbescheid nicht mehr wirksam sein sollte.