Finanzamt / Betriebsprüfung / Verfahrensrecht

14.08.2018 Von: W. Krudewig

Grundlagenbescheid: Bindungswirkung einer rechtswidrigen Bescheinigung


Bei Gebäuden, die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich liegen, können im Jahr der Herstellung und in den ersten sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden 4 Jahren jeweils bis zu 7% der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen abgesetzt werden. Das gilt entsprechend bei Herstellungskosten für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines begünstigten Gebäudes dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll, und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat.
 
Die erhöhten Absetzungen können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachgewiesen werden. Diese Bescheinigung ist materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für diese Begünstigung und somit Grundlagenbescheid im Sinne der Abgabenordnung.
 
Die Bescheinigung ist bindend, und zwar unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit (BFH-Urteil vom 17.4.2018, IX R 27/17). Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB bzw. Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind. Allein die Gemeinde prüft, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 BauGB durchgeführt wurden, und entscheidet insbesondere nach Maßgabe des BauGB, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind.
 
Hat die Bescheinigungsbehörde eine bindende Entscheidung über eine der genannten Voraussetzungen getroffen, hat das Finanzamt diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen.
 
Etwas anderes gilt nur, wenn sie von der Bescheinigungsbehörde förmlich zurückgenommen oder widerrufen worden ist oder nach § 44 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nichtig und deshalb unwirksam ist. Besteht eine wirksame Bescheinigung, entfaltet diese die Bindungswirkung eines Grundlagenbescheids. Ist die Bescheinigung hinsichtlich der von der Gemeinde zu prüfenden Voraussetzungen inhaltlich unrichtig, ändert auch dies (ungeachtet der etwaigen Rechtswidrigkeit) nichts an der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids.
 
Praxis-Tipp
Hat die zuständige Behörde/Stadt entschieden, dass der Eigentümer an dem Gebäude Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB durchgeführt hat, muss das Finanzamt diese Entscheidung hinnehmen. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt die Entscheidung für unzutreffend hält


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