Bilanzierung / BilMoG

26.07.2018 Von: W. Krudewig

Begrenzter Abzug von Schuldzinsen bei Überentnahmen


Schuldzinsen für Darlehen, die zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens aufgenommen werden, können uneingeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden. Eine Einschränkung des Schuldzinsenabzugs gilt allerdings bei Darlehen, die für den Wareneinkauf oder allgemein zur Verbesserung der Finanzkraft aufgenommen werden (= Betriebsmittelkredite), wenn Überentnahmen vorliegen. Bis zu einem Sockelbetrag von 2.050 € sind diese Zinsen immer uneingeschränkt abziehbar.

Von Überentnahmen ist auszugehen, wenn ein Betrag privat entnommen wird, der den Gewinn/Verlust zuzüglich privater Einlagen überschreitet. Zur Berechnung der abziehbaren Zinsen werden Überentnahmen, die aus Vorjahren stammen, zu den Überentnahmen des laufenden Jahres addiert. Der BFH hat mit Urteil vom 14.3.2018 (X R 17/16) nunmehr entschieden, dass die Bemessungsgrundlage auf den periodenübergreifenden Überschuss der Entnahmen zu begrenzen ist. Verluste, die die Überentnahmen erhöhen, bleiben entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung unberücksichtigt.

Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode (beginnend mit dem ersten Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.1998 geendet hat) bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. Die Einschränkung beruht auf der gesetzgeberischen Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Damit kommt es zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs für den Fall, dass der Steuerpflichtige mehr entnimmt als ihm hierfür an Eigenkapital zur Verfügung steht.

Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen stellte bei ihrer Einführung 1999 eine Antwort des Gesetzgebers auf die Steuergestaltung durch Zwei- und Mehrkontenmodelle dar. Sie ist im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen könnte. Das ist nach Auffassung des BFH unzulässig.

Praxis-Beispiel:
Der Kläger erzielte in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne, teils Verluste, und tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Kumulierte Überentnahmen lagen im Zeitraum zwischen 1999 und dem Streitjahr 2007 in Höhe von 696.931 € (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008 in Höhe von 630.908 €) vor. Das Finanzamt versagte in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen vorgelegen hätten, wobei die Berechnung des Finanzamts den Vorgaben des BMF entsprach.

Der Kläger hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 € (zwischen 1999 und dem Streitjahr 2008: 419.913 €) mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmenüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreitet, ist nur dieser Entnahmenüberschuss als Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen heranzuziehen.

Der BFH begrenzt also die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr erzielten Überschuss der Entnahmen und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen. Die Gefahr, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage erhöht, wird damit beseitigt. Der Verlust des aktuellen Jahres wird nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren.

Praxis-Tipp
Die Entscheidung macht deutlich, dass Sie auch in Gewinnjahren Ihre Entnahmen vorausschauend planen sollten, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.


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