19.02.2015 - Nr. 7/15
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als Freiberufler oder Unternehmer können Sie eine oder mehrere Einsatzstellen (Betriebsstätten) haben, die Sie mehr oder weniger oft aufsuchen. Die Fahrten zu jedem Tätigkeitsort können nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte behandelt werden, bei denen nur die Entfernungspauschale angesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 23.10.2014, III R 19/13). Arbeitnehmer können nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben. Diese Regelung gilt entsprechend auch für Freiberufler und Unternehmer.
Praxis-Beispiel (Urteilsfall):
Eine selbstständig tätige Musiklehrerin erteilte im Auftrag einer kommunalen Musikschule in mehreren Schulen und Kindergärten Musikunterricht. Sie suchte im Regelfall jede dieser Einrichtungen einmal pro Woche auf. Zusätzlich suchte Sie die Musikschule insgesamt 7 Mal auf und unternahm 9 Fahrten zu anderen Zielen, die sie nur einmal aufsuchte. Die Musiklehrerin hatte in ihrer Wohnung ein Arbeitszimmer, in dem sie Büroarbeiten ausführte, den Unterricht vorbereitete und ihre Musikinstrumente lagerte.
Der BFH hat entschieden, dass das häusliche Arbeitszimmer in diesem Zusammenhang keine Betriebsstätte ist. Sie wurde damit an ständig wechselnden Einsatzstellen tätig, sodass sie Ihre Fahrtkosten uneingeschränkt abziehen konnte.
Die Entscheidung des BFH ist zur alten Rechtslage ergangen, die bis zum 31.12.2013 anzuwenden war. Seit dem 01.01.2014 gelten neue gesetzliche Regelungen, wonach der Arbeitnehmer nur eine „erste Tätigkeitsstätte“ haben kann. Die für Arbeitnehmer geltenden Regelungen gelten seit 2014 entsprechend auch für Freiberufler und Unternehmer.
Neuregelung ab 2014: Bei der Abgrenzung von Reisekosten und Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte handelt es sich lt. BMF nur dann um eine Betriebsstätte, wenn es sich um eine dauerhafte Tätigkeitsstätte handelt, die von der Wohnung getrennt ist. Das heißt, es muss sich um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Unternehmers/Freiberuflers oder des Auftraggebers oder eines vom Auftraggeber bestimmten Dritten handeln, an der oder von der aus die steuerlich relevante Tätigkeit ausgeübt wird.
Sucht der Unternehmer mehrere Betriebsstätten auf, ist die erste Betriebsstätte (entsprechend der Regelung, die für Arbeitnehmer gilt) anhand quantitativer Merkmale zu bestimmen. Entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 4 EStG ist von einer ersten Betriebsstätte auszugehen, wenn es sich um eine Tätigkeitsstätte handelt, die der Unternehmer typischerweise
- arbeitstäglich oder
- je Woche an zwei vollen Arbeitstagen oder
- mindestens zu einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit
aufsucht. Treffen diese Kriterien auf mehrere Betriebsstätten zu, ist die Betriebsstätte als erste Betriebsstätte anzusehen, die am nächsten zur Wohnung liegt, wobei das häusliche Arbeitszimmer nicht einbezogen werden darf. Fahrten zu weiter entfernt liegenden Betriebsstätten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen.
Praxis-Tipp Hat der Unternehmer/Freiberufler mehrere Tätigkeitsstätten, muss er immer prüfen, welche Tätigkeitsstätte als erste Betriebsstätte zu behandeln ist, bei der nur die Entfernungspausschale anzusetzen ist. Freiberufler/Unternehmer haben einen Gestaltungsspielraum, den sie zu ihrem Vorteil nutzen können.
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Mit freundlichen Grüßen

Dipl.-Finanzwirt Wilhelm Krudewig, Steuerberater
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